Frau J. wohnt in einer Zufluchtswohnung in Schöneberg.
Frau J. leidet unter einer chronischen Form der Leukämie.
Zeitweise hatte sie extrem hohe Leukozytenwerte, so dass sie sich Chemotherapien unterziehen musste.
Der Stress durch die Beziehung mit ihrem gewalttätigen Mann hat die Krankheit verschlimmert.
Zur Zeit ist ihre Krankheit recht stabil, aber ihr Immunsystem ist sehr schwach, und sie ist oft sehr müde.
Trotzdem ist sie froh, dass sie eine Arbeit hat, auch wenn ihr das Arbeiten oft schwer fällt.
Aber als Bürgerin eines anderen EU-Staates muss sie fünf Jahre in Deutschland arbeiten, um dauerhaft Anrecht auf Sozialleistungen zu haben.
Ihren Deutschkurs hat sie wegen der Chemotherapie nach vier Monaten abgebrochen.
Ihre Deutschkenntnisse reichen aber für die Arbeit und den Alltag aus.
Trotzdem ist sie sehr froh, dass G. von Frauenzimmer e.V. ihr schwer verständliche Schreiben, zum Beispiel aus dem Krankenhaus, in leicht verständlichen, alltäglichen Worten erklären kann und ihr beim Ausfüllen von Formularen behilflich ist.
Durch ihre Krankheit und die Medikamente, die sie nehmen muss, kann sie sich oft schlecht konzentrieren.
Sie ist froh, dass sie jetzt bei Frauenzimmer e.V. Unterstützung und ein ruhiges Zimmer hat,
damit sie wie sie sagt, „ihre Batterien wieder aufladen kann“.
Es hilft ihr auch sehr zu sehen, dass andere Leute in ihrer Wohnung auch Probleme haben, vielleicht sogar größere als sie, und trotzdem lachen, singen und tanzen sie. Das spornt sie an. Sie sieht die anderen Leute und denkt „Schau sie an! Wenn sie das kann, warum soll ich das nicht auch können!“
Auch Zuspruch macht Mut! Zu oft hat sie zu hören bekommen sie sei dumm und nichts Wert,
„wie eine Null, ein Hund, aber G. sieht mich als Person, als normale Frau, als Mensch.
Sie sagt zu mir, wenn die anderen Idioten sind, verrückt sind, dann ist das nicht Deine Schuld“.
Frau J. ist eigentlich eine sehr lustige, kommunikative Frau, die sehr gern lacht.
Auch deshalb ist sie froh, über die Arbeit Kontakt zu anderen Menschen zu haben, das gibt ihr viel Energie.
Wenn sie sieht, dass andere Menschen große Probleme bewältigen, macht ihr das Mut für ihr eigenes Leben.
Zum Beispiel dafür, bald den Schritt in eine eigene Wohnung zu wagen.
Materielle Dinge, sagt Frau J., sind ihr nicht wichtig. Liebe ist wichtig und auch, dass es sauber und geputzt ist zu Hause.
In der Zufluchtswohnung gerät sie manchmal mit ihren Mitbewohnerinnen über das Thema Sauberkeit in Streit.
Manchmal so sagt sie, fühlt sie sich wie eine Mutter, die andauernd ihre Kinder ermahnen muss;
„Wie eine Ente, Quak Quak Quak, oder wie ein Papagei“ erzählt sie lachend.
Mehr Lebenserfahrung als ihre mehr als 20 Jahre jüngeren Mitbewohnerinnen hat sie auf jeden Fall.
Mit wenig Geld hat sie ihr Frauenzimmer gemütlich gemacht, als sei es ihre eigene Wohnung.
Auf ihren Spaziergängen durch Berlin hat sie günstig ein Tischchen, eine Kommode, bunte Bettwäsche, ein paar Vorhänge und Bilder gekauft.
Manche Bilder hat sie auch selbst gemalt. In ihrer Seele sagt sie, ist sie manchmal noch ein Kind, das gerne malt.
Trotz aller Gewalt und Bosheit, die sie erlebt hat, wünscht sie sich eine Welt,
in der die Leute freundlich zueinander sind, miteinander teilen, und einander helfen.
„Ich bin geboren, um anderen Menschen zu helfen.
Und ich wünsche mir jeden Tag in meinem Leben, dass ich anderen Leuten so helfen kann, wie mir geholfen wurde.
Ich hoffe, dass ich das vielleicht eines Tages alles zurück geben kann.“
Als ich das erste Mal in die Wohnung kam, war ich zufrieden, ich fand es gut. Ich wohne gerne in Schöneberg, der Stadtteil gefällt mir am besten von Berlin. Ich würde auch gerne in Schöneberg später wohnen bleiben. Es gibt auch viele Deutsche, nicht so viele Ausländer, auch nicht so viele Menschen aus meinem Land, das gefällt mir. Auch viele verschiedene Geschäfte, es gibt auch mehrere deutsche Supermärkte, ich kann alles kaufen was ich möchte. Es gibt alles in der Nähe. Das gefällt mir. Ich finde auch das Essen, was ich von zuhause kenne, wie Schweinefleisch. Die deutsche Kultur ist da gleich wie in Kroatien.
Es gefällt mir, dass das Zimmer und die Wohnung sauber waren, als ich gekommen bin, die Einrichtung nicht so alt und dass nicht so viele Frauen in der Wohnung leben. Ich versuche, dass auch weiter alles sauber ist. Es war das Nötigste da, aber nichts Privates, wie Bilder an den Wänden oder Blumen oder Ähnliches. Ich bin eine lustige Frau und wollte lustige Dinge in die Wohnung und mein Zimmer bringen. Ich habe selbst Bilder gezeichnet, wie das in der Küche. Oder das Bild vom Eiffelturm im Flur. Ich habe Sitzkissen gekauft für die Küche und mein Zimmer. Die Fenster in der Küche waren leer. In der Küche habe ich weiße und grüne Vorhänge befestigt, einmal wegen der Sonne und damit die Fenster nicht so verschmutzen.
In dem Badezimmer war alles gut, da musste ich nichts verändern. In meinem Zimmer habe ich einige Bilder gekauft und aufgehängt, mir neue farbige Bettwäsche gekauft, die Sitzkissen, neue Vorhänge gekauft und aufgehängt. Ich habe mir einen kleinen pinken Tisch als Betttisch für meine Sachen gekauft, darauf stehen ein Wecker, meine Medikamente, Wasser, Schreibblock, Wenn ich etwas aufschreibe, wie Arzttermine oder Erledigungen, hänge ich es an meine Pinnwand auf.
Ich habe Leukämie, eine Folge der Krankheit ist, dass ich Dinge vergesse. Wenn ich mir keine Notizen machen, vergesse ich Termine oder Anderes. Daher ist es wichtig, dass ich alles Wichtige aufschreibe und es in meiner Nähe hängt, damit ich es sehe und nicht vergesse. Ich freue mich über mein Zimmer, weil viel Sonnenlicht hereinkommt.
Im Sommer ist es nicht zu warm, im Winter nicht zu kalt. In der Küche gibt es auch sehr viel Licht. Im oberen Stock haben die Zimmer weniger Licht und sind kleiner. Da oben nicht so viel Licht ist, sind die Frauen, die oben wohnen, eher froh, wenn in die Küche viel Sonnenlicht kommt. Mich stört es, wenn soviel Licht in meine Augen kommt und ich nichts sehe, wenn ich kochen will. Eine Frau lernt immer in der Küche. Ich vermute, dass die Frauen, die oben wohnen, viel rausgehen, um mehr Licht zu bekommen. Oben haben die Frauen weniger Platz in den Zimmern.
Ich selbst liebe diese Wohnung, weil sie ruhig ist. Ich liebe den Balkon, weil ich im Sommer die Wäsche draußen trocknen und ich draußen sitzen und Kaffee trinken kann. Dort ist auch Platz für Schuhe.
Manchmal brauchen wir zur gleichen Zeit das Badezimmer. Manchmal werden wir dann nervös und fragen, weil wir uns fertig machen müssen, wie lange brauchst du noch, zwei oder drei Minuten oder länger, und je nachdem kann die andere Frau dann fertig sein, manchmal muss ich mich auch in meinem Zimmer schminken oder kämmen.
Die Leute im Haus sind sehr nett und freundlich, begrüßen uns, fragen uns nichts Besonderes, wissen nicht, das es eine Zufluchtswohnung ist, wir nehmen auch mal Post für andere Nachbarn an. Es gibt viele Familien, verschiedene Nationalitäten. Aber wir treffen unsere Nachbarn nicht so oft, das finde ich gut. Ich möchte in Zukunft eine gleiche Wohnung haben wie diese.
Eine kleine Küche, einen Tisch, und ein Zimmer in dem ich schlafe, ein Badezimmer mit Badewanne gerne, um meine Haare zu färben.