Frau U. ist Anfang 20. Sie befindet sich gerade in der Vorbereitung auf ein Studium.
Zuhause wurde sie rund um die Uhr kontrolliert, hatte keine Privatsphäre, und
ihre Familie erlaubte ihr kein selbstbestimmtes Leben. Die Fesseln wurden immer enger, und ihr Freiheitsdrang
immer größer, und so reifte der Entschluss, ihre Familie zu verlassen.
Sie packte ihre Sachen, ging zuerst zu einer Organisation und zog dann ein paar Monate später in eine Zufluchtswohnung von Frauenzimmer e.V.
Kein leichter Schritt, aber mit der Hilfe ihrer Betreuerin bei Frauenzimmer e.V. konnte sie bisher alle Probleme lösen. Auch die bürokratischen Angelegenheiten, wie Kindergeld, Ummeldung und der Weg zum Jobcenter.
Mit dieser Unterstützung traut sie es sich zu, ihr Leben zukünfitg selbst in die Hand zu nehmen und
ihre Zukunft so zu gestalten, wie sie es möchte.
Im Interview erzählt sie uns wie ihr Leben sich seit ihrem Aufbruch verändert hat.
Die Veränderungen drückt sie auch mit Ihren Fotos aus.
Text von Frau U.
Am 16.02.2016 lernte ich meine Betreuerin kennen und zog bei Frauenzimmer e.V. ein.
Meine Betreuerin ging mit mir alle Unterlagen durch, darunter auch den Mietvertrag und begleitete mich nach Vertragsabschluss in die Zufluchtswohnung. Auf dem Weg dahin begleitete mich nicht nur meine Betreuerin, sondern auch die Angst und eine tiefe Anspannung.
Als wir in der Wohnung ankamen, fiel plötzlich jegliche Last von mir.
Ich sah mein Zimmer und war sprachlos und zutiefst gerührt.
Hier kann ich leben, so wie ich will.
Hier kann ich einfach die Tür hinter mir zu machen, und sie wird auch geschlossen bleiben.
Hier kann ich das Fenster auflassen und sogar raus blicken.
Hier kann ich alles tragen und in meinen Kleiderschrank einsortieren, wie ich will.
Vor ein paar Monaten war das alles nur ein hoffnungsloser Traum in meinen Gedanken.
Ich verspürte die Freiheit im Raum wie nie zu vor. Alles wirkt total harmonisch.
Nach nicht mal einer Minute fühle ich mich hier sehr aufgehoben und geschützt.
Hier kann keiner ins Zimmer stürmen und mich erniedrigen, bis ich mit dem Leben zu ringen habe.
Hier kann mir keiner Vorwürfe machen und alles kontrollieren.
Hier bin ich komplett aus allen Fängen frei und kann ab jetzt mein Leben in Angriff nehmen.
Nach dem Gefühl der Freiheit überkam mich die Freude, die Welt zu entdecken.
Ich begleitete meine Betreuerin zur Bushaltestelle und spazierte in der Umgebung herum, um diesen Ort näher kennenzulernen.
Denn vor ein paar Monaten war das alleinige Rausgehen und Spaziergänge tabu.
Ich genoss die frische Luft und nahm die Welt komplett anders wahr.
Der graue Schleier vor meinen Augen fiel, und alles erschien klar und bunt.
All die Qualen bin ich nun endlich los. Niemand kann meinem Körper oder meiner Seele weh tun.
Ab jetzt wird sich Einiges ändern, und das ist der Anfang von Allem.
Berlin den 13.03.2017
Frau U. erzählt